Ein Sachverhalt, den der Bundesfinanzhof (BFH) am 14.11.2022 entschied, beschäftigte sich mit der rückwirkenden Berichtigung von Rechnungen und dem damit verbundenen Vorsteuerabzug.
Eine Steuerpflichtige machte bei Rechnungserhalt den Vorsteuerabzug in der ausgewiesenen Höhe geltend. Die Angaben zu ihr als Leistungsempfängerin waren zwar fehlerhaft bzw. unvollständig, die Vorsteuer erhielt sie aber trotzdem, da anhand der Angaben erkennbar war, dass es sich bei ihr um die Leistungsempfängerin handelte. Einige Jahre später erhielt sie berichtigte, ordnungsgemäße Rechnungen, die keine fehlerhaften Angaben mehr zu ihrer Person enthielten. Die Berichtigung wirkte auf das Jahr der Steuerentstehung zurück, nicht aber auf das Berichtigungsjahr. Für die Steuerpflichtige änderte sich dadurch nichts, da sie die Vorsteuer bereits im ursprünglichen Jahr der Rechnungserstellung in voller Höhe erhalten hatte.
Sind, so der BFH, die Angaben in einer Rechnung nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder unzutreffend, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen, ist das Finanzamt daran gehindert, das Recht auf Vorsteuerabzug nur deshalb zu verweigern.
Wenn die Rechnung, die der Steuerpflichtige besitzt, nicht ordnungsgemäß ist, das Finanzamt aber trotzdem über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorliegen, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass dem Steuerpflichtigen kein Recht auf den Vorsteuerabzug zusteht.
Zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidunglesen
Bei der Anschaffung oder Herstellung eines Gegenstands hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, diesen ganz oder teilweise seinem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen zuzuordnen oder ihn auch nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung in sein Unternehmen einzubeziehen. Die Zuordnung entscheidet letztendlich über einen potentiellen Vorsteuerabzug.
Wie die jeweilige zeitnahe Dokumentation über die Zuordnungsentscheidung auszusehen hat bzw. welche zeitlichen Voraussetzungen dabei beachtet werden sollten, wird oft höchstrichterlich entschieden. Der Bundesfinanzhof hat dazu in seinem Urteil vom 29.9.2022 Stellung genommen. Die Annahme, dass eine zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, nur dann vorliegt, wenn diese innerhalb der gesetzlichen Abgabefrist der Umsatzsteuererklärung (im Entscheidungsfall: bis zum 31.5. des Folgejahres) dem Finanzamt gegenüber abgegeben wird, widerspricht den geltenden Rechtsprechungen.
Steht anhand objektiver Anhaltspunkte, die innerhalb der Zuordnungsfrist erkennbar geworden sind, fest, dass der Steuerpflichtige einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet hat, ist es nicht zusätzlich erforderlich, dass er die erfolgte Zuordnung der Finanzverwaltung innerhalb dieser Frist mitteilt. Dem Steuerpflichtigen wird dadurch der Vorsteuerabzug weder praktisch unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert, weil er nach der jetzigen Rechtsprechung ohnehin beim Erwerb wählen muss, ob er als Steuerpflichtiger handelt, und dies eine materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist.
Erleichterung für Unternehmen bei der Offenlegunglesen
Noch immer haben Unternehmen mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Zur Entlastung der betroffenen Unternehmen hat nun das Bundesamt für Justiz (BfJ) Erleichterungen im Bereich der Offen- und Hinterlegungspflichten beschlossen.
Die Erleichterung betrifft die Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31. 12.2021 ein Jahr später am 31. 12.2022 endet. Vor dem 11.4.2023 wird das BfJ keine Ordnungsgeldverfahren gegen diese einleiten.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Unternehmer dadurch nicht von der Verpflichtung zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse freigestellt sind. Auch eine automatische Fristverlängerung liegt damit nicht vor. Bei der Maßnahme geht es allein um eine Erleichterung für die Unternehmen. Weitere Maßnahmen sind zurzeit nicht in Planung. Auch die Einleitung neuer Vollstreckungsmaßnahmen wird unverändert aufgenommen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) veröffentlichte kürzlich eine Entscheidung über die korrekte Bewertung der Einlage einer GmbH-Beteiligung bei Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto. In dem Urteil nahm der BFH zu mehreren Aspekten Stellung.
Zum einen ist die Einlage eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wenn der Steuerpflichtige an der Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlage wesentlich i. S. von § 17 EStG beteiligt ist. Damit bestätigt der BFH bisherige Urteile zu der Thematik.
Zum anderen ist bei der Bewertung auch der Wertzuwachs zu erfassen, der sich im Privatvermögen zu einer Zeit gebildet hat, als der Anteilsinhaber noch nicht wesentlich beteiligt war. Die Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft aus dem steuerlichen Einlagekonto sind bei dem gewerblich tätigen Gesellschafter im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs erfolgswirksam zu erfassen, soweit sie die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen.
Unternehmereigenschaft beim Internethandel (hier: ebay)lesen
Nach den Vorgaben des Umsatzsteuergesetzes ist ein Steuerpflichtiger Unternehmer, wenn er eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinne zu erzielen, fehlt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) veröffentlichte ein Urteil in dem er beurteilte, ob bei einer Steuerpflichtigen mit Internethandel die Unternehmereigenschaft vorliegt oder ob es sich um Liebhaberei handelt. Die Steuerpflichtige kaufte Gegenstände aus Haushaltsauflösungen an und versteigerte diese anschließend über ebay. Steuererklärungen mit Angaben zu den Internetverkäufen reichte sie nicht ein. Das Finanzamt beurteilte die Geschäfte als unternehmerische Handlungen und erließ für mehrere Jahre entsprechende Schätzungsbescheide.
Auch der BFH ordnete die Internetverkäufe als unternehmerische Tätigkeit ein. Bei jährlich mehreren hundert Auktionen über einen Zeitraum von mehreren Jahren kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Veräußerin den Handel als Hobby betreibt. Die Tätigkeit wird unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsanschauung nachhaltig betrieben. Unerheblich ist dabei, ob die Verkäuferin einen privaten oder gewerblichen Zugang zu dem Portal besitzt. Der BFH merkte in dem Zusammenhang auch noch an, dass die Gegenleistung in Entgelt und Steuerbetrag aufzuteilen ist und ein Verstoß gegen die gesetzlich vorgegebene Aufzeichnungspflicht nicht automatisch zur Versagung der Differenzbesteuerung führt.
Es ist noch nicht lange her, als das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der bisher angewandte Zinssatz von 0,5 % pro Monat für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen nicht mehr verfassungsgemäß ist. Daraufhin wurde dieser Zinssatz auf 0,15 % pro Monat gesenkt.
Während die Problematik bei Zinsen für Erstattungen und Nachzahlungen dadurch geklärt wurde, gilt für die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen der Überentnahmen immer noch der Zinssatz von 6 %. Das wirft nun die Frage auf, ob ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Übermaßverbot vorliegt.
Inzwischen ist das Bundesministerium der Finanzen dem Verfahren beigetreten. Entgegen der Meinung der betroffenen Steuerpflichtigen vertritt es die Auffassung, dass 6 % für die Ablehnung des Schuldzinsenabzugs beim Vorliegen von Überentnahmen durchaus zulässig sind, da sich die Berechnung der Überentnahmen – allein aus rechtlichen Gründen ? nicht mit der Zinsberechnung für Erstattungen und Nachzahlungen vergleichen lässt und deshalb gerechtfertigt ist.
Der Bundesfinanzhof hat den Fall zur Entscheidung wieder zurück an das Finanzgericht verwiesen. Dieses hat nun zu prüfen, ob die Schuldzinsen betrieblich veranlasst sind. Anschließend wäre zu überprüfen, ob und inwieweit der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen eingeschränkt ist.
Schutzprogramm für von Kriegsfolgen betroffene Unternehmenlesen
Für die vom Ukraine-Krieg besonders betroffenen Unternehmen wurden Schutzprogramme ins Leben gerufen, um diese Unternehmen zu unterstützen.
Bereits gestartet sind die Erweiterungen bei den Bund-Länder-Bürgschaftsprogrammen. Dies betrifft die Bürgschaftsbanken und das Großbürgschaftsprogramm. Hier können Anträge seit dem 29.4.2022 gestellt werden. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt jedoch erst nach der beihilferechtlichen Genehmigung.
Über das sog. „KfW-Sonderprogramm UBR 2022“ soll kurzfristig die Liquidität der vom Ukraine-Krieg nachweislich betroffenen Unternehmen gesichert werden. Unternehmen aller Größenklassen und Branchen erhalten Zugang zu zinsgünstigen Krediten mit weitgehender Haftungsfreistellung der Hausbanken. Zusätzlich wird eine Konsortialfinanzierungsvariante mit substanzieller Risikoübernahme angeboten. Als Zugangsvoraussetzung gilt die nachgewiesene Betroffenheit, die aus den Sanktionen gegenüber Russland und Belarus oder den Kriegshandlungen in der Ukraine resultieren. Das KfW-Kreditprogramm ist gemäß Krisenrahmen der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen („Temporary-Crisis-Framework“) bis zum 31.12.2022 befristet.
Gefördert werden Investitions- und Betriebsmittelkredite für kleine, mittelständische und große Unternehmen ohne Umsatzgrößenbeschränkung. Dafür gewährt die KfW den Hausbanken eine 80%ige Haftungsfreistellung für Kredite an mittelständische Unternehmen (bis max. 500 Mio. € Jahresumsatz) und 70%ige Haftungsfreistellung für Kredite an große Unternehmen.
Bürgerliche Kleidung ist keine Betriebsausgabelesen
Immer wieder kommt es zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung, wenn es um die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen geht, die auch der privaten Vermögensebene zugeordnet werden könnten.
Ein solcher Fall wurde Anfang des Jahres durch den Bundesfinanzhof entschieden. Bei dem Steuerpflichtigen handelte es sich um einen selbstständigen Trauerredner, der in seiner Gewinnermittlung Kosten für die Anschaffung und Reinigung von Berufskleidung als Betriebsausgabe für sich und seine Ehefrau, die als Angestellte in seinem Betrieb arbeitete, geltend machte. Es handelte sich dabei um bürgerliche schwarze Kleidungsstücke, welche nur für die Arbeit gedacht seien. Da es von einem Trauerredner und seinen Angestellten erwartet wird, dass diese sich schwarz kleiden, sei die Anschaffung beruflich veranlasst.
Grundsätzlich handelt es sich bei Aufwendungen für bürgerliche Kleidung immer um notwendige Kosten der privaten Lebensführung. Das gilt selbst dann, wenn die bürgerliche Kleidung ausschließlich beruflich getragen wird. Ausgenommen davon ist spezielle Berufskleidung, die privat nicht getragen werden kann, wie (Polizei-)Uniformen.
TERMINSACHE: Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts ab 1.7.2022lesen
Für Länder, in denen das sog. Bundesmodell Anwendung findet (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen), haben die Finanzminister die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 öffentlich bekannt gemacht.
Die dafür erforderlichen elektronischen Formulare zur Feststellung des Grundsteuerwerts werden über „Mein Elster“ bereitgestellt. Folgende Personen sind zur Abgabe der Feststellungserklärung verpflichtet:
Eigentümer eines Grundstücks in den o.g. Ländern.
Eigentümer eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft in den o.g. Ländern.
Bei Grundstücken in den o.g. Ländern, die mit einem Erbbaurecht belastet sind: Erbbauberechtigte unter Mitwirkung der Eigentümer des Grundstücks (Erbbauverpflichtete).
Bei Grundstücken in den o.g. Ländern mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden: Eigentümer des Grund und Bodens unter Mitwirkung des Eigentümers des Gebäudes.
Die elektronisch abzugebenden Feststellungserklärungen können ab 1.7.2022 eingereicht werden. Die Abgabefrist läuft nach derzeitigem Stand bis zum 31.10.2022. Maßgebend für die persönliche Erklärungspflicht sind die Verhältnisse am 1.1.2022. Die anderen Bundesländer fordern eigenständig durch öffentliche Bekanntmachung zur Abgabe auf. In der Regel müssen auch diese auf elektronischem Wege abgegeben werden und es gelten voraussichtlich die gleichen Fristen.
Entlastungspaket des Bundes wegen der hohen Energiepreiselesen
Der Krieg in der Ukraine hat die angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft und die Kosten für Strom, Lebensmittel, Heizung sowie Mobilität in die Höhe getrieben.
Im Koalitionsausschuss vom 23.3.2022 brachte die Bundesregierung in Ergänzung des Paketes vom 23.2.2022 u. a. ein Maßnahmenpaket auf den Weg, das diverse zunächst langfristig wirkende Möglichkeiten den Verbrauch zu senken und Energieeffizienz zu steigern, umfasst. Dazu gehören insbesondere Förderungen im Wohnungsbereich bei Neubauten (Effizienzstandard 55) und Heizungsumstellungen im Altbaubereich (Gaskesselaustauschprogramm).
Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen (Steuerklassen 1–5) soll einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 € als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt werden. Der Zuschlag soll unabhängig von den geltenden steuerlichen Regelungen (Pendlerpauschale, Mobilitätsprämie, steuerfreie Arbeitgebererstattungen, Job-Ticket) zusätzlich gewährt werden. Die Auszahlung soll über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers erfolgen und unterliegt der Einkommensteuer. Selbstständige erhalten nach den Planungen einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung.
Für jedes Kind soll – ergänzend zum Kindergeld – ein Einmalbonus in Höhe von 100 € als sog. Familienzuschuss ausgezahlt werden. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet. Des Weiteren soll die bereits beschlossene Einmalzahlung von 100 € für Empfänger von Transferleistungen um 100 € pro Person erhöht werden.
Die derzeitigen Planungen sehen weiterhin vor, befristet für 3 Monate die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß abzusenken und im öffentlichen Personennahverkehr soll für 90 Tage ein Ticket für 9 € / Monat eingeführt werden.
Anmerkung: Nach den Planungen werden Rentner und Minijobber nicht entlastet. Inwieweit sie noch in das Programm aufgenommen werden, stand bei Drucklegung des Informationsschreibens noch nicht fest. Sobald uns hier genauere Informationen zu den gesetzlichen Entscheidungen vorliegen, informieren wir Sie im Detail.